Kategorien
Das Leben

Erdbeerstand

Seit über einem Monat stand bei uns auf dem Feld ein Erdbeerstand – gleich zwischen Wald und Tengelmann. Ich esse Erdbeeren sehr gerne. Mehrmals pro Woche kam ich an dem Stand vorbei, doch nie fasste ich ernsthaft den Gedanken, Erdbeeren zu kaufen. Der Gedanke schaffte es einfach nicht durch alle Bewusstseinsebenen hindurch. Sobald ich am Stand vorbeigefahren war, hatte ich die Erdbeeren auch schon wieder vergessen, meist war das schon direkt nach 20 Metern.

Heute schaffte es dafür ein anderer Gedanke. Nämlich der, dass mir das oben Genannte auffiel. Konkret: ich hatte nie Erdbeeren gekauft hatte und fragte mich, warum eigentlich nicht. Ich vermute (und spekuliere hierbei über mich selber), dass mir mein Unterbewusstsein gesgt hat: „Wenn du hier und jetzt Erdbeeren kaufst, dann haben das die Erdbeeren entschieden und nicht du selber!“. Also bin ich immer weitergefahren.

Das Ganze viel mir heute auf, weil heute alles anders war: der Stand war weg! Einfach verschwunden! Ich spürte plötzlich eine Angst der Veränderung. Es passte einfach nicht, dass er so ohne Vorwarnung fehlte. Ein bisschen Stroh lag noch herum. So könnte nun jemand fragen, warum denn da Stroh läge. Ich fragte mich hingegen, ob wohl alle Erdbeeren verkauft waren. Oder war der Stand wohl Pleite gegangen? Müsste ich, für den Falls, dass ich aus eigener Antriebskraft heraus entscheide, Erdbeeren kaufen zu wollen, bis zum Tengelmann fahren? Oder gibt es dann dort auch keine mehr? Ein Hauch von Panik machte sich breit. Ich hatte schließlich erst vor gut einem halben Jahr ein posttraumatisches Erdbeer-Erlebnis.

Manchmal las die Verkäuferin ein Buch. Dann fragte ich mich ob der Stand eigentlich Gewinn machte. Was war wohl der Stundenlohn als Erdbeerverkäuferin? Acht Euro?

Und so sitze ich hier und esse Rosinen. Eigentlich hätte ich gerade Lust auf richtige Weintrauben.