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Rechtsradikale Wirtschaftspolitik — ist das jetzt in Mode?

„Rechtsradikal“ definiert sich — zumindest, soweit ich das verstanden habe — durch den Wunsch nach einer asymmetrischen Politik, die bestimmte Nationen/“Rassen“/Kulturen/Religionen bevorzugt bzw. benachteiligt, ohne, dass eine allgemein anerkannte Begründung für diese Politik vorliegt.

Viele Äußerungen von Globalisierungsgegnern und auch mancher „linker“ Politiker halte ich laut dieser Definition für rechtsradikale Wirtschaftspolitik. Im Folgenden möchte ich das am Beispiel eines ausgesprochen typischen, globalisierungsfeindlichen Textes illustrieren.

http://www.deutschland-debatte.de/2009/01/29/

Es handelt sich um den dritten Teil eines Artikels, der mehrere wirtschaftliche Probleme behandelt, wie beispielsweise Staatsverschuldung und das mangelnde Qualitätsbewusstsein. Eigentlich ein guter Ansatzpunkt.

Als zentrales Thema wird dann die Globalisierung diskutiert. Als Beispiel wird ein Zahnrad gewählt, das in Vietnam billiger hergestellt wird als in Deutschland. Durch diesen Unterschied wären in einem globalisierten Markt deutsche Hersteller nicht konkurrenzfähig, was zu Preis- und damit Lohnsenkungen bzw. Unternehmensschließungen führen würde.

Was nun als Lösung und Feindbild angeboten wird, ist haarsträubend: da Entwicklungsländer zu billig produzieren können, sollen sie mit Hilfe von politischem Protektionismus vom EU-Markt abgetrennt werden. Begründet wird dieses Vorgehen damit, dass so hierzulande der Arbeitsmarkt unverändert bestehen bleiben kann. Weiterhin würden unsere Regulierungen eine höhere Qualität garantieren.

Nun gibt es drei Punkte, die mich daran ziemlich stören.

Zum Einen ist das volkswirtschaftlich total daneben. Die Vorgehensweise ist theoretisch sowie empirisch als extrem schädlich für das Gesamtsystem bekannt: theoretisch, da es einer Handelsblockade entspricht; empirisch, weil es zahllose Kommunisten ausprobiert haben. Das gilt ebenfalls für den Qualitätsgedanken. Wenn qualitative Verbesserungen von Produkten am besten durch den staatlichen Regulierungshammer zu erreichen wären, so müssten DDR-Autos ja wahre Qualitätswunder sein. Für den Theoretischen Vergleich könnte ich jetzt einmal überdenken, wie gut Evolution ohne Vielfalt funktionieren würde, aber da wird eine nähere Betrachtung bereits lächerlich.

Zweitens ist es eine persönliche Schädigung der Bürger. Durch künstlich erhöhte Preise können auch diejenigen mit künstlich erhöhtem Gehalt ihre Kaufkraft nicht vollständig ausnutzen. Kauft man etwas im Ausland, ob per Versand oder auf einer Reise, muss man es verzollen; kauft man im Inland, so zahlt man die gekünstelten Löhne der Anderen mit. Gehört man zu denen, die international konkurrenzfähig wären, so wird man vom System dafür bestraft, dass man in einem Land mit wirtschaftlichem Protektionismus lebt. Man ist die Melkkuh für die nicht konkurrenzfähigen Betriebe der Umgebung. Gleich doppelt, da effiziente Betriebe mehr Gewinn abwerfen und deshalb ohnehin schon überproportional höher besteuert werden — aber das ist ein anderes Thema.

Womit der dritte Punkt an der Reihe ist, und wir zurück beim Titel: der Plan ist ausgesprochen unmoralisch. Der Plan ist nationalistisch in einer Weise, die Schaden an der eigenen Umgebung akzeptiert, solange die Anderen mehr Schaden erleiden. So wird in zwei Grafiken des Artikels erklärt, was in der Globalisierung passiert: das Vietnamesische Zahnrad wird statt dem Deutschen verkauft, die Entwicklungsländer gleichen ihren Reichtum an den der Industrieländer an. Das kommt uns ja mal gar nicht in die Tüte! Drecks Vietnamesen, sollen doch bleiben, wo der Pfeffer wächst, mit ihrer ehrlichen Arbeit. Die nicht-deutschen oder eben nicht-EU Länder, die Asiaten, die Anderen. Nur ein Deutscher hat das Recht, auf Kosten anderer Deutscher und der Binnen- und Weltwirtschaft Geld einzukassieren, das eigentlich einem Menschen in der dritten Welt zusteht.

So, ihr Globalisierungsgegner, nennt mir jetzt bitte einen Grund, warum ich bei euerem Anblick nicht kotzen soll.

4 Antworten auf „Rechtsradikale Wirtschaftspolitik — ist das jetzt in Mode?“

Ich verstehe worauf du hinaus willst, aber ich finde, du siehst das ganze zu extrem, wenn du es als „rechtradikal“ bezeichnest: Der „Anti-Ausländer“-Aspekt am Rechtradikalismus, auch in deiner Definition, fußt ja nicht auf irgendwelchen rationalen, empirisch beobachtbaren Überlegungen, geschweige denn dem Selbsterhaltungstrieb, wie man z.B. an einem NPD-Anhänger beobachten könnte (unterstelle ich einfach mal).

Wenn du den fragst, warum er was gegen Ausländer/Juden/Wenauchimmer hat, wird die rationalste Antwort von ihm lauten: Weil sie uns die Arbeitsplätze wegnehmen. Das passt zwar zu deiner These, aber nur wenn er das im globalem Sinne meinen würde! Ihm geht es aber nur darum, die Ausländer aus Deutschland raus zu kriegen, wo sie 1. viele Jobs erledigen, die einem Deutschen zu schmutzig/gefährlich/schlecht bezahlt sind und 2. nur einen verschwindend geringen Anteil an höher qualifizierten Arbeiten ausführen, dafür sorgt die Bundesregierung mit ihrer Einwanderungspolitik (Stichworte: Fachkräftemangel, Erforderliches Mindesteinkommen zur Aufenthaltserlaubnis usw.). Das heißt, er hat den Kern der Sache nicht erfasst und sein Ausländerhass ist hauptsächlich emotional begründet.

Das ist aber beim „rechtsradikalen“ linken Globalisierungsgegner, wie etwa dem Autor des Artikels, anders. Ich würde nicht sagen, dass er Ausländer hasst; Außerdem kann er seine „ausländerfeindlichen“ Aktionen wie z.B. Schutzzölle begründen, so dass ein objektiver Betrachter einen Sinn dahinter sieht. Sein Ziel ist doch, Arbeits- und Lebensbedingungen, wie sie in Entwicklungsländern heute herrschen, bei uns in der „westlichen Welt“ möglichst lange herauszuzögern. Er folgt dem Selbsterhaltungstrieb und er will immerhin etwas Gutes für die Menschen, leider eben nur für eine bestimmte, ohnehin priviligierte Gruppe.

Deswegen stimme ich dir zu, dass es im Prinzip schlecht ist, wenn er in Kauf nimmt, viel wirtschaftlichen Schaden anzurichten, nur damit der unausweichliche Niedergang des Westen auf Kosten der Entwicklungsländer etwas aufgehalten wird. Hätte er zum einen das Ziel, zu verhindern, dass die Arbeits- und Lebensbedingungen eines ungelernten vietnamesischen Arbeiters nicht bei uns Einzug halten UND in Vietnam abgeschafft und durch unsere ersetzt werden, müsstest du bei seinem Anblick nicht kotzen denke ich.

Aber was ist die Alternative? Die Ungerechtigkeit, die bei einem global dereguliertem Markt entstehen würde, gerecht über die ganze Welt zu verteilen? Dann hätten wir allgemeine Arbeits- und Lebensbedingungen zwischen westlichem und vietnamesischem Lebensstandard, tendierend zum vietnamesischen, da der westliche mit umfassendem Wohlfahrtsstaat usw. sowieso viel zu hoch angesetzt war, da er einfach nicht in diesem Umfang zu finanzieren ist und es außerdem eine ganze Menge mehr arme als reiche Leute gibt. Um so etwas zu verhindern, muss es einen Staat, oder in Zukunft eine Weltregierung geben, die die Macht hat, Eingriffe in die Wirtschaft vorzunehmen und möglichst Ungerechtigkeiten und eine zu weit geöffnete Einkommensschere zu verhindern.

Aber es wäre absolut gerecht, den freien Markt sein Werk tun zu lassen und zu warten bis sich der Lebensstandard weltweit angeglichen hat und danach müsste eine Art Regierung Auswüchse verhindern.

So, jetzt bin ich ein bisschen abgeschweift ;) Der Punkt ist, du tust dem Autor Unrecht, wenn du ihn als rechtsradikal beschimpfst. Nazis hassen Ausländer ohne rationale Gründe, die wirklich hieb- und stichfest sind. Du kannst Globalisierungskritiker wegen ihrem Egoismus hassen, aber nicht mit Nazis in einen Topf werfen.

Ansonsten hast du mit vielem Recht!

naja die manager sind allerdings schon n bisschen mitverantwortlich und profitiert haben sie davon auch, im gegensatz zu den juden

@Gutgolf:

Der Autor des Artikels verbreitet auch nur einen Irrglauben. Nämlich den, dass ein Gewinn in Vietnam einen Verlust in Deutschland bedeutet. Das stimmt zwar für den Verkäufer des Zahnrades, nicht aber für den Käufer; der hat Gewinn gemacht! Du tauschst einen Nachteil für deutsche Zahnradverkäufer gegen einen größeren Vorteil für deutsche Zahnradkäufer UND den Gewinn für die Vietnamesischen Hersteller!

Du musst beachten, dass Handel kein Nullsummenspiel ist, sondern beiden beteiligten Seiten fast immer einen Vorteil verschafft. Sonst würden sie den Handel nicht eingehen. Ein Kampf gegen die Globalisierung *vernichtet* Reichtum.

Ich bin auch nicht der Meinung, dass ein globalisierter Markt sich mehr den Vietnamesischen Zuständen angleicht. Denn genauso, wie die Handelsblockaden Reichtum vernichten, wird bei ihrer Aufhebung — wenngleih mit Verzögerung — wieder welcher freigesetzt.

Natürlich bekommen die Vietnamesen mehr davon ab. Aber ganz ehrlich, sie haben es auch nötiger. Innerhalb von Deutschland wird der Lebensstandard nicht im Durchschnitt sinken, sondern nur in den Berufen, die momentan künstlich am Leben erhalten werden. Die Menschen, auf deren Kosten diese Berufe am Leben erhalten werden, profitieren von der Änderung.

Auch sehe ich nicht, wo durch Aufhebung von Handelsbegrenzungen eine neue Ungerechtigkeit entstehen sollte. Wenn, dann war sie schon vorher da und kann hinterher nur auch innerhalb des Marktes ausgenutzt werden. Daran ist allerdings nicht der Markt schuld. (Da gibt es einige wenige Ausnahmen, aber man muss ja nicht unbedingt die Regeln gegen Kartellbildung und Monopole aufheben.)

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