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Das Leben

Dein Gott/Mein Gott/Gott sei Dank?

Durch relativ aktuelle Ereignisse, habe ich mich des Öfteren mit den Themen Glauben, Religion und Gott auseinander gesetzt. Zum Teil war dies freiwillig, zum Teil ergab es sich aus Gesprächen, es gab aber auch Momente, in denen mir diese Themen keine Ruhe ließen.

Nun ist die Beschäftigung mit religiösen Themen und der eigenen Haltung hierzu ein ziemlich normaler Prozess, bei jungen Erwachsenen. Weit weniger normal dürfte hingegen sein, wenn man mitbekommt, wie Freunde von welchen man dachte sie sehr gut zu kennen und einschätzen zu können, sich plötzlich aufmachen einen Weg zu finden, wie sie im irdischen Leben Gott möglichst Nahe sein können. Damit meine ich nun nicht, dass sie vor haben, ihr Leben dem „Guten“ zu widmen, oder Menschen im Allgemeinen zu helfen, sondern ein möglichst bibeltreues Leben zu führen und Gott durch Diskussionen, durch Lehrveranstaltungen und durch intensive Bibelstudium näher zu kommen.

Hierbei geht es nicht etwa um „einfache“ Menschen, die es vielleicht nicht anders kennen. Viel mehr geht es um meiner Meinung nach sehr kluge Menschen, die sich nicht nur einerseits im Themenbereich der Informatik hervorragend auskennen, sondern auch ansonsten ein sehr aufgeklärtes Leben führen:

  • Sie sind internet-affin
  • Sie lesen diverse Blogs (zum Teil „questionable content“)
  • Lachen gerne auch über schmutzige oder anderweitig moralisch fragwürdige Witze
  • Sie sehen gerne Anime
  • Spielen zum Teil aber nicht nur auch blutige PC-Spiele
Während der Gespräche sind mir teilweise Meinungen und Züge aufgefallen, die nicht nur meiner Meinung sondern auch dem aufgeklärtem gesellschaftlichen Durchschnitt stark widersprechen. Und es schmerzt, so etwas festzustellen und zu wissen, dass auf jedes logische Argument, warum dies und jenes nichts mit Gott zu tun habe, oder dass z.B. die Bibel bestimmt mittlerweile voller Übersetzungs- und Überlieferungsfehler wäre, mit der Argumentation „Gott hat sich sicher darum gekümmert, dass dies nicht passiert“ abgeschmettert werden.
Ich habe sicher nichts gegen Menschen, die an Gott glauben. Auch nichts gegen Priester oder andere Vertreter ihrer jeweiligen Glaubensrichtung, so wenn sie Menschen dabei helfen, ein besseres Leben zu führen. Die Vermittlung, man solle das irdische Leben Gott widmen und danach streben, ihn auf Erden möglichst nahe zu sein, um ihm danach, im Himmel, ganz besonders nahe zu sein, widerstrebt mit jedoch völlig. Dies nicht mal aus Zweifel, ob es eine höhere Existenz gibt, sondern aus Trotz und aus Verachtung. Denn:
Wenn es einen Gott gibt und dieser Gott erwartet von mir, ihn anzubeten und mein Leben auf Erden nach seinem Vorbild zu leben, damit ich danach „seine Liebe“ erfahren darf – dann verzichte ich. Denn dann ist dieses Wesen offensichtlich meine Gesellschaft nicht wert! Wenn nicht einmal Gott zu bedingungsloser Liebe fähig ist, wer denn bitte dann?
Damit steht für mich eines Fest. Der Gott dieser meiner Freunde, ist nicht mein Gott.
Und so wenn ich an einen Gott glaube, so bedauere ich, dass mein Gott genau den Menschen, die ihr Leben der Suche nach ihm und der Nähe zu ihm gewidmet haben und an ihrem Ende stolz vor ihm stehen werden, mit traurigem Blicke sagen wird  „Aber Du solltest Doch Dein Leben leben, statt es mit der Suche nach mir zu verschwenden!

8 Antworten auf „Dein Gott/Mein Gott/Gott sei Dank?“

Interessante Sichtweise; aber wenn wir nicht nach ihm suchen, dann lernen wir ihn ja gar nicht kennen und seine Liebe auch nicht, die sehr wohl jetzt schon zur Verfügung steht und nicht erst im Himmel. Ich spreche da aus eigener Erfahrung.

Warum sollte ich das tun und wollen? Warum brauche ich – jetzt – Gottes Liebe? Warum muss ich sie – jetzt – spüren?
Ich habe danach doch nach christlichen Glauben die Unendlichkeit mit ihm und die ist deutlich länger als die läppischen hundert Jahre auf der Erde.

Was genau versteht ihr unter „Gott“? Für mich könnte da auch „Hugglbubbl“ stehen und der Blogpost würde für mich keinen Unterschied machen.
Daher vermute ich, dass ihr, Pe und iD4G, ebenfalls unterschiedliche Definitionen habt und aneinander vorbei redet. Könnte das sein?

@Raoul:
Danke, exakt den meine ich!

@Flip:
Unter Gott verstehe ich ein eventuell existierendes, omnipotentes Wesen, angelehnt an den christlichen Gott. Allerdings geht es hier nicht um einen konkreten, exakt beschriebenen Gott, sondern ganz im Gegenteil – es geht eher um die Ablehnung eines solchen. Und das eben aus 2 Gruenden:

1. Wenn ein Gott von mir erwartet, mein Leben auf der Erde mit dem Dienst an ihm zu verschwenden, warum sollte ich das wollen?
2. Wenn das die Bedingung dafuer ist, dass man danach im Afterlife bei ihm sein darf, dann will ich das genausowenig.

Daher macht so ein Gott fuer mich keinen Sinn, denn selbst wenn er genau so existieren wuerde, waere er fuer mich eben genau nicht anbetungswuerdig.

Und so waere die Existenz eines solchen Gottes eben fuer mich irrelevant, was als Konsequenz hat, dass wenn es einen Gott gibt und der fuer mich relevant sein soll, dann muss er eben zu meiner Einstellung passen.

Disclaimer: Das Folgende ist nicht auf Formulierungsfehler, extrem gute Verständlichkeit oder sonstiges geprüft. Es sei also als Meinungsäußerung und Denkansatz gedacht und nicht als „zomfg du hast aber in Zeile X Wort Y genau das geschrieben und nach aktuellem Duden in Klausel Z sagt das in dritter möglicher Bedeutung und zweiter Implikation ABC aus und das Stempel ich dir jetzt auf dein Gesicht!“. Mit anderen Worten: Wenn etwas nicht passt, kann man darüber gerne diskutieren und vielleicht war es leicht anders gemeint als es verstanden wurde.

Ich bezeichne mit „Gott“ eine oder mehrere Existenzen, welche Dinge vollbringen können, die für uns absolut nicht erklärbar sind und wir sie praktisch nur mit übersinnlichen Kräften bezeichnen können. Zudem sollten sie zu allem, was wir können, ebenfalls in der Lage sein (der Fall, dass sie für mich Gott sind und ich für sie ist also ausgeschlossen). Dazu ein Zitat, welches verdeutlichen soll was zum Beispiel alles in diese Kategorie fällt: „Any sufficiently advanced technology is indistinguishable from magic“

Es gibt keine mir bekannten Anzeichen für das Handeln einer solchen Existenz. Es gibt eine Vielzahl an Statistiken, in welchen verschiedenste Einflüsse bereits aufgefallen wäre (sicherlich nicht alle, aber so ziemlich alle wirklich Relevanten). Für die Frage weshalb so etwas auffallen würde lese man sich bitte in Statistik ein. Wenn dem so ist gibt es zudem keinen Anlass, genau an einen biblischen Gott zu glauben und nicht etwa an Odin, Allah oder das fliegende Spaghettimonster. Genauer gesagt scheint keine dieser „Theorien“ irgendeine Auswirkung auf irdisches Leben zu haben. Es folgt eine lange Fallunterscheidung für ein paar ausgelassene Fälle:

Falls sämtliche Statistiker und ihre Werke durch eben jenen Gott verfälscht würden, insbesondere also massive Gehirnwäsche betrieben wurde und wird, so stelle ich die eigenständige Meinungsbildung in Frage und unser Verhalten gegenüber Gott ist genau so, wie er es veranlasst.

Falls Gott ausschließlich ausserhalb des irdischen Lebens seinen Einfluss hat, so gibt es wie oben beschrieben keinerlei Anzeichen darauf in dieser Welt. Insbesondere wären sämtliche „heiligen Schriften“ frei von Menschen erfunden und es wäre gleich wahrscheinlich, dass dieser Gott beliebige andere Gruppen bevorzugt oder eben alle gleich behandelt. Es hätte dementsprechend keinerlei Auswirkung auf mein Handeln. Zusätzlich hätte, falls es existieren sollte, ein „Paradies nach dem irdischen Leben“ keinerlei Relevanz für Evolutionsbiologische Prozesse. Mit anderen Worten sind Entwicklungen auf der Erde komplett unabhängig von der Existenz eines eventuellen Paradieses, schließlich gibt es keine rückwirkenden Effekte.

Falls Gott, wie es in vielen Religionen beschrieben wird, beliebig Veränderungen auf dieser Erde bewirken kann, so verklage ich ihn hiermit nach meinen Rechtsvorstellungen auf unterlassene Hilfeleistung in mehr als einer Milliarde Fällen. Ein theoretisches Geschenk danach alias Paradies macht dies nicht besser, schließlich besitzen wir (sonst siehe ersten Fall) eine freie Meinung und Gott kann dementsprechend nicht mehr für uns entscheiden, dass „jetzt Schaden, später Paradies“ das Problem behebt. Anders formuliert wäre es möglich, dass Gott (sehr ironisch formuliert) nach dem Tod ankommt und sagt „Hey hier komm ins Paradies, jetzt ist alles wieder gut nicht?“ und die Antwort schlicht „Nichts ist gut“ ist. Ob zum Beispiel der vorher entstandenen Schmerz, weil die Familie durch etwas grausam vor seinen Augen zerlegt wurde durch ein Paradies und Wiederbelebung eben jener ausgeglichen wird, liegt nicht mehr in den Händen Gottes. Sicherlich kann man dies durch ein anderes Rechtsempfinden nichtig machen, dann folgt eine Diskussion über Recht und Unrecht welche hier allerdings leicht fehl am Platz ist. Zudem gibt es noch weitaus mehr Argumente, weshalb man entweder an einen solchen Gott nicht glauben sollte oder ihn als böse bzw „nichts, was für mich relevant ist“ bezeichnen kann. Ich denke für ein kleines Comment lasse ich die Suche und Auflistung solcher allerdings hier erst einmal.

Falls Gott auf der Erde nur sehr beschränkt Macht besitzt, so wiederspricht sich das zum einen mit nahezu allen existierenden Religionen, zum anderen sei mir verziehen, ich sehe nur zufälliges Rauschen und wie ganz zum Anfang beschrieben keinerlei Anzeichen auf irgendeinen aus der Vielzahl der von Menschen vorgeschlagenen Götter. Das einzige, was ich sehe, sind fanatische Religiöse, die an allmöglichen Stellen Schaden anrichten, der mich ebenfalls betrifft. Damit meine ich nicht nur gerade auftretende Terroranschläge – ich denke, jeder kennt die nahezu unzählbar vielen schwarzen Seiten von zum Beispiel der katholischen Kirche.

Das Argument, dass Statistiker viele Relevante große Auswirkungen bereits bemerkt hätten schlägt übrigens ebenfalls alles aus der Kathegorie Voodoo, Zauberheiler, Hexen, Flüche, Magier und co tot, es sei denn diese haben ebenfalls die Möglichkeit der allgegenwärtigen Gehirnwäsche.

PS: I sense a flamewar is imminent.

Na, dann will ich den Thread mal ein bisschen frisch halten…

Ich finde die Diskussion interessant, aber vielleicht ein bisschen … ähm… philosophisch. Es macht mir natürlich auch Spaß, so rumzudiskutieren. Letztendlich hängt mein Glaube jedoch nicht von den Ergebnissen meiner wissenschaftlichen, philosophischen, theologischen, statistischen oder sonstwelcher Diskussionen ab, sondern ist viel mehr eine Beziehungsfrage. Damit sind wir dann wieder auf der Ebene von persönlichen Erfahrungen, die – ebenso wie die Existenz Gottes – weder belegbar noch widerlegbar sind. Als Beziehungsangelegenheit spielen für meinen Glauben dann eher Elemente wie Zuversicht, Hoffnung, persönliche Glaubwürdigkeit, Vertrauen, Liebe usw eine Rolle. Dabei bleiben viele Fragen unbeantwortet, ohne meinen Glauben zu „gefährden“. Genauso wie die bereits beantworteten Lebensfragen oder Erfahrungen meinen Glauben nicht automatisch besser „absichern“.

In anderen Worten: Mit Gott ist es für mich, wie in anderen Beziehungen auch, immer offen und spannend: in einigen Bereichen glaube ich das Gegenüber (Mensch oder Gott) zu kennen, und werde doch immer wieder von Neuem in dessen Persönlichkeit oder Handlungsweisen überrascht. Manchmal vertraue ich, manchmal nicht. Manchmal werden Fragen beantwortet, manchmal nicht. Manchmal glaube ich, eine Beziehung zu haben, manchmal merke ich nicht viel davon. Manchmal glaube ich, manchmal zweifle ich.

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