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Seele

Gerade eben fiel wieder dieser Ausdruck aus heiterem Himmel: Seele. Beim Reden über eine der Death Note Verfilmungen kam die Frage auf, was denn damit gemeint sei, dass man „weder in den Himmel, noch in die Hölle“ kommt. Man könnte jetzt themagerecht philosophieren, dass man vllt zum ?? (Todesgott) wird. Aber ich schlug vor, dass man einfach nur ausradiert wird, und bekam erst einmal eine verwunderte Gegenfrage, wo sich die Seele denn dann aufhalten soll. Ähnliche Reaktionen sind mir schon sehr oft begegnet, deshalb (und weil mich meine Erkälting am Schlafen hindert ;) )stelle ich jetzt wie schon öfters meine Gegenfrage:

Was ist denn eigentlich eine Seele?

Der Wikipedia Artikel ist pure Anarchie, jeder definiert das Wort, wie er will. Bei mir persönlich hat das dazu geführt, dass ich das Wort nicht mehr verwende, oder nur in sowieso grob undefiniertem Kontext. (So wie das Wort „Gott“, das auch jeder anders definiert.) Deshalb frage ich jetzt explizit die anwesenden Christen, was sie in ihrer modernen religiösen Vorstellung darunter verstehen. (Das soll keineswegs andere Weltanschauungen und Religionen aus der Diskussion ausschließen, es dient nur der Vereinfachung dieses Posts!)

Meine erste Frage ist also: was beinhaltet eine Seele? Um eine klare Aufteilung der Terminologie zu gewährleisten, stelle ich kurz dar, wie ich mich als existente Entität darstellen würde.

Frei nach dem Sci-Fi Animé-Klassiker Ghost in the Shell teile ich mich in meinen maschinenartig funktionen erfüllenden Körper „Shell“ und mein Bewusstsein, das diesen steuert, den „Ghost“. Mir geht es nur um den „Ghost“. Soweit ich das erkennen kann, besteht er aus drei wesentlichen Komponenten:

  • Instinkte, Triebe etc. sind der Antrieb für jede Handlung, ein vorgegebenes Programm, dessen Erfüllung das Gesamtsystem anstrebt.
  • Abstraktes Denkvermögen ist die Plattform jeder Intelligenz. Ein flexibles System, das scheinbar geradezu beliebige Gedankenstrukturen erlaubt. Es ermöglicht, die Perspektive zu wechseln, die Welt zu simulieren, Entscheidungen zu treffen. (Ist bei fast allen Tieren so schwach ausgeprägt, dass sie sich selbst nicht im Spiegel erkennen können.)
  • Das Erinnerungsvermögen enthält Daten, die das Bewusstsein während des Lebens sammelt, archiviert und wieder abruft.

So, nun möge mir ein Christ erklären: enthält die Seele Teile davon, oder ist mein „Ghost“ im Körper? Scheinbar letzteres: Instinkte sind eine ziemlich physische Angelegenheit, sogar von Hormonen beeinflusst, Erinnerungen kann man sich regelrecht aus dem Kopf dreschen, und meine Großhirnrinde segelt auch nicht eines Nachts davon. Wissenschaftlich gesehen wird der Raum für eine Seele in diesem Bereich ständig kleiner, ohne dass eine anderweitige Tendenz sichtbar wäre.

Deshalb die logisch folgende zweite Frage: wenn mir gesagt wird „du kommst in den Himmel“ (oder die Hölle, weil ich böser Atheist/Agnostiker bin), sollte ich Angst davor haben bzw. mich darauf freuen? Mal angenommen, es gäbe einen Himmel nach gängiger Vorstellung, und mein Lebensziel wäre es, da hinzukommen (was beides ziemlich absurd wäre): wäre der Teil von mir, der dort ankommen würde, überhaupt noch vergleichbar mit meinem „Ghost“? Wenn ich meine Instinkte verliere, werde ich inaktiv. Ohne Erinnerungsvermögen bin ich kaum noch als Insekt nutzbar. Und ohne mein abstraktes Denken wäre ich meinem heutigen Ich so viel Wert wie ein Hühnchen: man dürfte mich bedenkenlos verspeisen. (So wie in diversen Serien, wo die Bösen immer Seelen futten! :D ).

Die Seele müsste also eine komplette Kopie aller drei Systeme enthalten, und sich eine alternative Energiequelle verschaffen, um sie am Laufen zu halten. Das widerspricht völlig jedem sinnvollen Design! Unser Körper ist nur ein Schattensystem, um Wissenschaftler in die Irre zu führen? Diesen Gedankengang kann ich getrost abbrechen. Die andere Wahl wäre, dass die Seele im Moment des Todes oder einer Beschädigung angefertigt wird. Das widerspricht aber dem christlichen Glauben und erscheint mir auch unsinnig: wieso eine Kopie anfertigen und das Original sterben lassen? (Ich nehme das zurück. Es ist hier zwar nicht relevant, aber mir ist eine mögliche Erklärung eingefallen, siehe Fußnote.)

Wenn man es genau betrachtet, wird es noch schlimmer:
eigentlich müssten meine Instinkte zusätzlich eine Anpassung erhalten, damit sie in der „nächsten Welt“ überhaupt anwendbar sind. Höhenangst wäre für ein unsterbliches Wesen genauso unpassend wie Ungeduld. Und sollte ich im Himmel nichts mehr haben, auf das ich einen wesentlichen Einfluss haben kann, wozu existiere ich dann überhaupt noch? Um zuzusehen, was meine Nachwelt treibt? Oder eigenzubröteln, und die Welt zu ignorieren? Meine Existenz dort könnte meinem heutigen „Ghost“ keinerlei Ziel bieten, ich würde inaktiv dahinvegetieren oder jeden Tag meine Unfähigkeit zu weltlichen Eingriffen verfluchen.

Gläubige, hier ist euere Chance, jemanden zu bekehren! Ich WILL VERSTEHEN, was ihr denkt. Ich folge der vollständigsten Struktur, ich greife euch nicht an, um Recht zu haben, sondern damit ihr in die Offensive geht und mir eine neue Sichtweise verleiht! Es gäbe für mich kein besseres Ergebnis, als von einer anderen Meinung überzeugt zu werden. Das klappt aber nur, wenn mir diese mindestens so konsistent und realistisch erscheint wie meine bisherige. ;)

Möge der Flamewar beginnen. :P

Fußnote zur Anfertigung einer Kopie zum Zeitpunkt von Tod oder Beschädigung:
Das ist nicht so sinnlos, wie ich gerade eben noch dachte. Wenn unser Universum einen ähnlichen Kontext hat wie eine Simulation, könnte der Himmel bedeuten, im äußeren Kontext, der „höheren Realität“, rekonstruiert zu werden. In dem Fall ist es nicht notwendig, die „Simulation“ zu beeinflussen. So, wie ein WoW Spieler sich seinen coolsten Charakter mit einem 3D-Drucker in seine Realität holt, könnte Gott seine Lieblinge auf seine Ebene migrieren. Das wäre natürlich cool, und im Gegensatz zur irrelevanten Inaktivität des religiösen Himmels ein durchaus vorstellbares Lebensziel.

Eine Antwort auf „Seele“

Die Seele… tja, vielleicht ist die Seele auch nur der Kern unserer Existenz o.o So wie, sagen wir mal.. ein grünes Licht. Wird dem grünen Licht in Welt B ein blaues Plättchen vorgeschoben, so ist das Resultat ein anderes wie in Welt A, wo ein rotes Plättchen vor dem grünen Licht ist. Aber das grüne Licht dahinter ist immer grün und jeder hat eine andere Farbe.

Seelendiskussionen sind imo nicht wirklich sinnvoll. Irgendwann werden wirs erfahren oder irgendwann ist es ‚uns‘ egal.

Die Frage ist: Muss etwas immer bewiesen sein, muss man immer auf etwas bestehen, wenn es doch hier eher um den Begriff „Hoffnung“ geht?

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