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Apricot Stone

Die Gruppe von Eva Rivas aus Armenien hätte den Eurovision Song contest gewinnen sollen. Oder irgendjemand sonst, dem es tatsächlich um gute Musik statt Psychospielchen ging.

Wirklich, ich habe nichts gegen die deutschen Patriotenpartys, aber die Armenier hatten den Sieg mehr als verdient. Deutschland ist die industriestärkste Nation der EU… und was tut diese? Kalt berechnete Tricks anwenden, um den Song Contest abzuräumen und zum eigenen Geld zu verwursten.

Mal im Ernst, die Show von dem Deutschen Mädel bestand daraus, dass sie alleine auf der Bühne herumhüpft, mit einer Choreographie, die jeder Disco entspringen hätte können. Der Text geht über’s Verliebtsein. Dazu ein Default-Electrobeat und Gesang, der nicht so wirklich die Tonlage verlässt. Dafür ist sie durchaus niedlich und sympathisch — und man möchte fast meinen, sie hätte den Songtext selber geschrieben, der ihr Image doch genau in diese günstige Richtung unterstützt. Und für die Bühnenshow ist ihr vielleicht nichts eingefallen, mag man unterbewusst meinen, wenn man nicht aktiv darüber nachdenkt. Es liegt auf der Hand, wie dieser Sieg funktioniert hat.

Und die Armenier? Die haben sicherlich nicht die Industriemonster hinter sich. Und ganz offensichtlich haben sie nicht mit Psycho- und Marktanalysen gespielt, sondern einfach nur ihr bestes gegeben, einen guten Song zu machen. Und das ist ihnen IMO absolut gelungen. Ein Lied über eine Pflanze ihres Heimatlandes, präsentiert in absolut exzellentem Gesang. Und wem der erste Bassschlag mitsamt Pyrotechnik nicht im Gedächtnis geblieben ist, der hat woanders hingeschaut und außerdem den Ton ausgehabt. Ich werde jedenfalls sicherlich an Aprikosen denken, wenn ich das nächste Mal von Armenien höre.

Es ist nicht die niedliche Lena, die gewonnen hat. Nein, es gewannen mal wieder Raab und Konsorten, die eine gut kalkulierte Fassadenshow abgezogen haben. Sie haben sich die richtige Marionette dazu aus einem riesigen Pool geangelt und selbst das letzte Shootout im einheimischen Publikumstest noch zu einer lukrativen Show gemacht! Und während sie bereits kassierten, konnten sie ihr Spielzeug seelenruhig als Publikums-Sympathiemagneten finetunen. Würde es Lena Meyer blabla nicht geben, wäre es eben Susi Sonstwas gewesen. Für das Ergebnis war die Person vollkommen irrelevant, sie ist nur eine ersetzbare Schachfigur der Investoren, wie ein Schauspieler für ein längt fertiggestelltes Drehbuch.

Mir stinkt das Ganze. Für das Image des Landes und die Musik als solche.

9 Antworten auf „Apricot Stone“

Also ich fand den Song von Armenien jetzt nicht sooo überragend…
Und du übsersiehst das der ganze Medienrummel um Lena auch hauptsächlich in Dtld. stattgefunden hat, was aber eh nicht für sie abstimmen kann…
Gut, das der deutsche Song so gut angekommen ist kann ich jetzt auch nicht ganz nachvollziehen, aber das habe ich bei den Gewinnern der letzten Jahre auch nie gekonnt.
Aber die Behauptung dass das an dem Medienhype lag ist meiner Meinung nach unzutreffend.

PS
Hast du eigentlich überhaupt alle Beiträge gesehen ?

Ich glaube, du verstehst mich falsch; es geht mir nicht um den Medienrummel.

Der war nur ein Abfallprodukt. Im Gegenteil, das war geradezu gefährlich, deshalb haben sie es ja so spät wie möglich vor dem Contest gemacht! Wenn sie schon bekannt und berühmt in den Augen der Zuschauer wäre, würde sie ja Sympathiepunkte verlieren! Es ging darum, ihre Taktik zu optimieren und ihre Marionette auszutesten.

OK, der Text oben versucht eher, meine Meinung zu begründen als zu erklären, also sage ich’s nochmal explizit: der Deutsche Auftritt war nur in zweiter Linie darauf optimiert, gute Musik und Show zu machen. In erster Linie zielte er darauf, die Sängerin zum Sympathieträger zu machen. Und da degenerierte der Song Contest zum Display Cute Girls Contest.

Nunja. Musik ist etwas sehr subjektives. Da generell ein Urteil für alle fällen zu wollen, wer gewonnen haben sollte ist unsinnig.
Lena’s Lied war catchy – man konnte sich daran erinnern, während Apricot’s Stone in meinen Augen keine Stelle hat, welche sich in mein Gedächnis einbrennt – anders als z.B. der türkische oder griechische Song. Aber das gilt natürlich wieder nur für mich.

Jedenfalls finde ich ihr Lied nicht überdurchschnittlich schlecht. Wie die Mechanik hinter dem Song funktioniert, sei mal dahingestellt, ich denke, keiner von uns weiß genug Details um da ein präzises Urteil fällen zu können, und selbst wenn, wie relevant wäre es?

Du bist Fan von Komplexität und Skillreicher Musik – aber viele andere wollen eher Lieder, bei denen sie mitsingen können, mit simplen Texten und unkomplizierter Stimmlage. Ich denke, dass die Abstimmung recht repräsentativ ist und sich tatsächlich primär auf ihren Gesang bezieht, denn weder ihre Show, noch ihr Rumgetanze noch ihr Outfit waren spektakulär.

Das mit der Komplexität ist sicherlich ein Teil des Effekts. Das wurde zweifelsohne bei der Auswahl des Songs berücksichtigt.

Aber: deine Begründung dafür, dass es tatsächlich primär um den Gesang ging, leuchtet mir nicht ein. Auch der war, sorry, nicht sonderlich spektakulär. Es bleibt eigentlich nur der Song selbst als Komposition (zugegebenermaßen sehr wichtig), und eben ihr „Image“. Welches von beiden nun wirklich ausschlaggebend war, ist ziemlich schwer festzustellen.

Meine Vermutung bleibt bestehen, dass der Hauptpfeiler ihres Sieges nicht mit Musik, sondern mit Psychologie zu tun hatte.

Eine simple Frage: warum sonst haben ihre Manager keine bessere Show verwendet? Um genauer zu sein, warum haben sie gar keine verwendet? Hat jemand eine andere, schlüssige Erklärung dafür?

Ob Gesang spektakulär ist oder nicht kannst du nicht beurteilen. Das schätzt jeder anders ein.

Ich kenne einige Leute, die den Song mögen. Von daher ist es unfair zu sagen, dass der damit nichts zu tun hat. Sie hat ihn gesungen, es wurde für sie gestimmt, fertig. Ob es jetzt wichtig ist, ob sie ihn selbst geschrieben hat oder nicht, sei mal dahingestellt.

war die armenierin nicht die mit dem großzügigen dekolleté?? mit dem riesen aprikosenkern auf der bühne? ans lied kann ich mich leider nicht genau erinnern. ich fands wohl nicht so toll. oder der rest hat mich zu sehr abgelenkt.
ich glaube lena war deshalb erfolgreich, weil sie sich aufs wesentliche konzentriert hat. das lied ist zwar nicht wahnsinnig toll, aber ums ein oder zweimal zu hören wirklich ganz nett. sie hat auf ne große show verzichtet und authentisch gewirkt. dazu schaut sie noch recht niedlich aus. das reicht, so viele pluspunkte hatte sonst kein anderes land.

… gnnn… ich geb’s auf. Nein, doch noch nicht. :P Aber ich sehe ein, dass ich beim Anzetteln der Diskussion etwas falsch gemacht habe.

@finster: Ich habe nie behauptet, dass der Song selbst schlecht ist und „nichts damit zu tun hat“. Natürlich hat er das. Aber war das die ausschlaggebende Komponente? Die Teilnehmer dieses Jahres waren eigentlich fast alle ziemlich gut, oder nicht?

BTW: warum kann ich nicht beurteilen, ob Gesang spektakulär ist?

Das mit dem „authentisch gewirkt“ und „niedlich ausschauen“ ist das, was ich meine. Insbesondere das „weil sie sich auf das Wesentliche konzentriert hat“ — ihre Manager haben sich darauf konzentriert, nicht sie selbst. Was da unterbewusst passiert, hat was von Verwechselung zwischen Schauspieler und Rolle.

@Addy: Ich glaube schon, dass man eine dezent ausgedachte Show dazu hätte machen können. Natürlich nicht yippie-Feuerwerk, das ist schon klar. Aber halt irgendeine Bewegung oder Darstellung, die den Song unterstreicht.

Naja. Irgendwie habe ich diesen Blogpost verbockt. Die Psychogeschichte gleichzeitig mit der Armenier-Werbung zu bringen war ziemlich unklug, jetzt verwaschen sich hier zwei Diskussionen ineinander, die sich gegenseitig in die Quere kommen. Habe ich aber leider zu spät gemerkt. Im Nachhinein betrachtet hätte ich zwei Threads daraus machen sollen: einen „Apricot Stone <3" oder so und einen "Geldspeicher vs Eurovision Contestants".

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