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Kontrolle > Aufklärung?

Microsoft hat für die CeBIT eine spezielle Version seines Windows Live Messengers angekündigt, die für Kinder gedacht ist und die Vorgaben von Jugendschützern erfüllt. Beispielsweise besitzt der Windows Live Messenger für Kids keine Webcam-Unterstützung, dafür aber eine direkte Verbindung zur Hotline der Johanniter-Unfallhilfe und neue Sicherheitseinstellungen. Neue Kontakte werden nur mit Erlaubnis der Eltern nutzbar. Sogenannte „problematische“ Unterhaltungen mit sexuellen Inhalten werden auf Wunsch automatisch per E-Mail an die Eltern weitergeleitet.

Hm. Irgendwie gefällt mir diese Entwicklung nicht. Anstatt den Kindern zu _erklären_, ihnen klar zu machen, was sie tun sollten oder was nicht, werden sie kontrolliert, und in ihrer Selbstständigkeit eingeschränkt. Keine Webcam-Unterstützung? Vielleicht sollte man ihnen einfach sagen, keinen Videochat mit Fremden anzunehmen. Hotline zur Unfallhilfe, ok, ist ja verständlich. Früher hat man ihnen halt eingeprägt, die 110 anzurufen. Naja. Neue Kontakte nur mit Erlaubnis der Eltern… sollte man den Kindern nicht einfach zugestehen, solche Entscheidungen selbst zu treffen? Und wie alt sind diese Kinder überhaupt? Denn Kleinkindern sollte man meiner Meinung nach eher begrenzt an den Computer lassen. Der letzte Punkt allerdings ist wirklich fragwürdig. Wo bleibt der Datenschutz? Haben Eltern wirklich das Recht, anscheinend intime Unterhaltungen ihrer Kinder abzuhören? Finde ich persönlich ziemlich ätzend. Ich kann mir vorstellen, dass viele Kinder eher Hilfe von aussen suchen, und über „derartige“ Sachen nicht mit ihren Eltern reden wollen. Aber naja. Kinder sind klug und laden sich einfach den „Uncut“-Messenger runter.

Eine Antwort auf „Kontrolle > Aufklärung?“

Wieder mal generalisiere ich das Thema ein wenig: du sprichst eigentlich die Grundfrage der Zensur und Informationsüberwachung an.

Ich sehe das ganze als eine ausgefeilte „aus den Augen, aus dem Sinn“ Methodik. Die Eltern wollen nichts vom wahren Gesicht des Netzes wissen, analog versuchen sie, ihre Kinder daran zu hindern, damit in Kontakt zu kommen.

Die Kinder sollen gleich lernen, die Existenz unliebsamer Dinge einfach zu ignorieren. Der absurdere Teil der Welt wird einfach abgetrennt, dann ist er ja praktisch nicht mehr da. Genauso, wie die Erwachsenen die Existenz des Kindesmissbrauchs „entfernen“, indem sie einfach die Kinderpornos beseitigen. Was man nicht sieht, das gibt’s auch nicht.

Rein subjektiv funktioniert das wunderbar, solange die Augenklappen dableiben. Nur ist es wie mit den Drogen – man darf sie nicht absetzen, sonst winkt die Realität. Man wird abhängig.

Was ist gefundenes Fressen für einen Hacker, /b/tard, Nigeria Scammer? Mit Sicherheit ein möglichst altes Kind, das keine Erfahrungen mit dem echten Netz hat. Das Ergebnis gibt’s zur allgemeinen Belustigung auf einem Imageboard euerer Wahl, oder manchmal auch in einer Zeitung. Leider nicht immer lustig für die Beteiligten – so wanderte der gesamte Besitz einer Familie in ein unbekanntes schwarzes Loch, oder ein Mädchen flog wegen einem Nacktbild, auf dem die Schuluniform zu sehen war, von der Schule. (Okay, ihr erratet es, das ist natürlich in den USA passiert.) Und die ganzen Geldwäsche- und Kontologin- Spammer beweisen, dass selbst das Ausräumen von Bankkonten zum Alltag gehört.

Aber auch diese Geschichten bleiben unsichtbar, wenn die Scheuklappen nur groß genug gewählt werden. ;)

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